Von parteiischer Berichterstattung in verschiedenen Medien muss man schon seit Längerem sprechen. Ein jüngster Artikel über Bernd Lucke zwingt mich nun, von plumper Propaganda zu sprechen. Interessant ist der Artikel trotzdem. Denn wenn man nun glaubt, die wissenschaftliche Reputation von Bernd Lucke in Zweifel ziehen zu müssen, zeigt dies zweierlei. Zum Einen, die Verzweiflung im Lager der CDU muss gross sein. Zum anderen, die Welt outet sich damit als Parteizeitung der CDU. Wer nämlich Bernd Lucke bei Fernsehauftritten erlebt, muss feststellen: einen Redner mit der Schlagfertigkeit von Bernd Lucke kann im Moment kaum eine andere Partei aufbieten. Umso größer ist offensichtlich die Verunsicherung und die Eifersucht. An der Spitze der AfD steht ein Wirtschaftsprofessor, der den Euro als ein zentrales Projekt der CDU kritisiert. Schmerzt dies so sehr, dass es nötig ist, seine wissenschafliche Reputation in Zweifel zu ziehen? Eine Diffamierung der beruflichen Qualifikation eines Politikers scheint mir in der bundesrepublikanischen Geschichte nämlich ohne Beispiel zu sein. Dies wäre schon genug, wenn nicht gerade bei der Schwesterpartei der CDU häufig Politiker auftreten würden, wo man sich im vorliegenden Kontext eigentlich fragen müsste: „gehts noch dümmer? „. Es hat doch nichts mit der Qualifikation eines Politikers zu tun, in welcher Weise dieser vorher seinen Beruf ausgeübt hat. Dies sollte kein Bestandteil einer öffentlichen Debatte zu sein. Ist etwa irgend jemand jemals einmal auf die Idee gekommen, die wissenschaftliche Reputation von Frau Merkel als Physikerin in Zweifel zu ziehen, angesichts ihrer höchst zweifelhaften Rolle als zuständige Umweltministerin im Fall von Asse? Herr Lucke hat also aus Sicht eines Journalisten der Welt nicht genügend wissenschaftliche Publikationen verfasst. Vielleicht hat sich Lucke nach seiner Ernennung wirklich auf seinen Lorbeeren ausgeruht. Aber, dass dies vielleicht daran liegen könnte, dass Lucke möglicherweise z. B. eher ein guter Familienvater oder ein guter Betreuer für seine Studenten sein wollte, als aufgrund der Flut seiner Veröffentlichungen in den Augen der Journalisten als ein sogenannter „Topökonom“ gelten zu dürfen. Dies kommt dem Journalisten nicht in den Sinn. Denn dann fände sich kein Ansatzpunkt, mit der Qualifikation von Herrn Lucke als Professor auch zugleich seine politischen Überzeugungen angreifen zu können. Über die Sache möchte man sich offensichtlich mit Herrn Lucke in Unionskreisen kaum noch auseinandersetzen. Wahrscheinlich weiss man selbst, dass Herr Lucke eigentlich recht hat. Aber wer sich mit den politischen Folgen des Handelns eines Parteichefs auseinandersetzen muss, der so töricht war, noch Stolz auf seine ökonomische Inkompetenz zu sein, dem bleibt wohl nur die Diffamierung und Arroganz im Sinne der Parteiräson. Ein parteipolitisch freier Journalist hätte Herrn Lucke fragen können, wie er hätte jahrelang in einer Partei sein können, die nicht in der Lage war einen klügeren und integreren Kanzler als Helmut Kohl hervorzubringen. Parteipolitische Propaganda zu betreiben, bedeutet, sich freiwillig selbst der besten Argumente zu berauben.
Quelle:
http://www.welt.de/wirtschaft/article132484762/Als-Professor-macht-Bernd-Lucke-nicht-viel-her.html