Wer meinen Blog hin und wieder liest, weiss: ein Fan von Frau Merkel bin ich nicht gerade. Da stach mir doch der Titel „Die Trümmerfrau, Scheitert der Euro, scheitert Merkels Kanzlerschaft“ ins Auge. Ja gut eigentlich waren mir aber die 3,90 Euro zu viel dafür, um vermutlich zu lesen, dass Merkel keine gute Europäerin sei, weil die paar hundert Milliarden sog. Kredite einfach viel zu wenig seien und Frau Merkel mit ihrer Sparpolitik deshalb Europa zertrümmern würde. Da war aber doch die Anzeige „5 Ausgaben des Spiegel für 9,90 Euro“ lesen. Also zwei Euro pro Ausgabe schien mir ein vertretbarer Preis zu sein. Also schnell angeklickt und gekauft.
Damit war ich ja eigentlich unverbesserlich. Denn Spiegel-Online hatte mich nicht zum ersten Mal mit einem Testabo geködert. Damals hatte ich mich auch für eine Ausgabe brennend interessiert, für die ich sogar bereit gewesen wäre die 3,90 Euro zu bezahlen. Und ja auch damals gab es schon das Testabo 5 Ausgaben für 9.90 Euro. Damals hatte ich dann zwar das Testabo gehabt, konnte aber dann eben die aktuelle Ausgabe, die mich interessiert hätte gar nicht lesen.
Deshalb war ich nun positiv überrascht, dass ich den Artikel über Angela die Trümmerfrau tatsächlich sofort lesen konnte. Der Artikel war differenzierter als ich dachte. Warum jetzt Merkel allerdings die Trümmerfrau sei blieb mir verschlossen. Eher hatte ich den Eindruck der Spiegel stünde eher selbst vor den Trümmern seiner jahrelang vertretenen Politikkonzeptionen. Von der damaligen Äusserung des Spiegel Redakteurs Sven Böll deutsches Geld sei in Griechenland gut angelegt konnte man allenfalls noch Spuren erkennen. Resüme des Spiegel Autors: „Am Ende kann sie reden wie Kohl und in Wahrheit mit dem brechen, wofür er stand.“ Was der Spiegel Autor damit sagen wollte, war mir nicht ganz klar. Ob die in Vergleich zu ihrem Übervater im Umfang verhundertfachte Scheckbuchdiplomatie noch viel zu gering gewesen ist oder Frau Merkel das Geld hätte auch ganz ohne Auflagen vergeben sollen, lies der Autor offen.
Aber um zum Thema zurückzukommen. Um an das günstige Sparpaket für den Spiegel zu kommen gab es da nicht auch irgendwelche „Sparauflagen“? Man müsse nach der soundsovielten Auflage das Abo kündigen. Welche habe ich natürlich inzwischen Vergessen und in den AGB und in den E-Mails finde ich die Angabe auch nicht mehr. Warum man nicht gleich schrieb ich habe das Abo in der tausendsten Sekunde nach der 3.4 Ausgabe zu künden, zusätzlich eingelegte Schaltsekunden seien dabei unberücksichtigt, schien mir unverständlich.
Gut, aber während dieses Damoklesschwert bereits über mir hing empfing ich 4 Tage die Rechnung per Email:
Sehr geehrter Herr
wir freuen uns darüber, dass Sie den digitalen SPIEGEL jetzt im Mini-Abonnement lesen möchten. Herzlichen Dank für Ihre Bestellung!
Beginnend mit der Ausgabe 29/15 vom 10.07.2015 können Sie nun fünf Ausgaben lang den digitalen SPIEGEL bereits ab freitags 18:00 Uhr lesen. Dafür zahlen Sie nur EUR 11,65.
Die Überraschung war gelungen 11,65 Euro, also 1,75 Euro mehr. Das ist zwar jetzt nicht besonders viel. Allerdings war da bei mir nicht nur die Schwelle von mehr als zehn Euro überschritten. Da ich ja ohnehin schon wusste, was über die Trümmerfrau Merkel im Spiegel stehen würde. Ausserdem ist der Spiegel für mich jede Woche der Ausdruck von leibhaftiger Moral.
Schnell keimte bei mir der Verdacht auf, dass es daran gelegen haben könnte, dass ich neben meiner deutschen Kontonummer eine schweizer Adresse statt einer deutschen angegeben hatte. Vielleicht eine Art Strafsteuer? Für den Spiegel dürfte ja ein Schweizer Wohnsitz ausserhalb des Euroraums nah an der Gotteslästerung sein. Sollte ich nicht überhaupt froh sein, dass das Online Abo überhaupt dorthin geliefert wird? Und ist die Leitung in die Schweiz von Hamburg aus nicht deutlich länger als nach Mecklenburg-Vorpommern?
Nun schrieb ich eine E-Mail an den Kundenservice und wies auf den Preisunterschied hin. Der Spiegel scheint einen extrem schnellen Rechner in ihrem Rechenzentrum zu haben. Denn schon nach 9 Stunden erhielt ich eine automatische Email.
Sehr geehrte Leserin,
sehr geehrter Leser,
vielen Dank für Ihre E-Mail an unseren Kundenservice.
Wir werden Ihr Anliegen umgehend bearbeiten.
Sie erhalten in Kürze eine separate Nachricht von uns, in der
wir auf Ihre Wünsche eingehen.
Freundliche Grüße
Kundenservice
SPIEGEL-Verlag
Ich gebe zu. Auch ich lese die langweiligen AGB erst, nachdem das Kind schon halb in den Brunnen gefallen ist. Ich begann im Angesicht der fehlenden Antwort zu suchen und las: „Die angegebenen Bezugspreise gelten grundsätzlich nur für eine Zustellung in Deutschland, für Auslandsabonnements können höhere Preise gelten.“ Es leuchtet unmittelbar ein, dass ein Online-Abo im Ausland teurer sein muss. Die Schweizer Postboten mit ihren hohen Löhnen haben natürlich jede Menge zu tun, die einzelnen Datenpakete zuzustellen.
Aber ist es legal, im Grossgedruckten etwas anderes zu schreiben? Nicht einmal ohne Stern? Wutentbrant griff ich zu Google: „Spiegel Abo Abzocke“.
Ich sties auf unzählige Artikel von Spiegel-Online. „Trickbetrug“, „Abofalle erwischt Millionen“, „Vorsicht Falle – Warnung vor dem Webkino“ und „Trotz Warn-Button: Millionen Deutsche werden online abgezockt“.
Sollte ich das Glück haben, dass für meine Bestellung mit einer schweizer Adresse deutsches Recht gilt habe ich als Nichtjurist den Verdacht, dass der Spiegel selbst zu diesen nicht ganz legalen Angeboten im Web zu zählen ist.
Unter § 246,1,1 Fernabsatzgesetz heisst es:
Der Unternehmer ist nach § 312d Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verpflichtet, dem Verbraucher folgende Informationen zur Verfügung zu stellen:
(4) den Gesamtpreis der Waren oder Dienstleistungen einschließlich aller Steuern und Abgaben, oder in den Fällen, in denen der Preis auf Grund der Beschaffenheit der Waren oder Dienstleistungen vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art der Preisberechnung sowie gegebenenfalls alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Versandkosten und alle sonstigen Kosten, oder in den Fällen, in denen diese Kosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, die Tatsache, dass solche zusätzlichen Kosten anfallen können.
Falls also für das Lesen der digitalen Ausgabe des Spiegels, eine Autobahnvignette oder eine Schwerverkehrsabgabe zu zahlen wäre, hätte mich der Spiegel meiner Ansicht nach darauf hinweisen müssen.
Man mag mich jetzt zurecht für kleinlich halten. Herr Tom König hat doch am 16.7.2015 bei Spiegel-Online einen viel grösseren Skandal aufgedeckt. Um ein Auto zu bestellen, braucht man doch glatt die PIN zur Kreditkarte. Ich wünsche Herrn König, dass er nicht auch noch 15% mehr für die Automiete bezahlen muss, weil er ausserhalb der Eurozone vielleicht sogar noch auf schweizer Strassen anstatt auf deutschen Strassen unterwegs war.
Fortsetzung folgt. Ob ich meinen Fall Tom König an warteschleife@spiegel.de schicke, weiss ich noch nicht. Meine Antwort von onlineabo@spiegel.de ist nämlich anscheinend auch noch in der Warteschleife. Die 11,65 Euro wurden natürlich trotz meiner zwischenzeitlichen E-Mail bereits von meinem Konto abgebucht. Herrn König dürfte so etwas bekannt vorkommen.