Wer gestern am 28.8 2017 die Sendung Hart aber Fair schaute, hatte ein Déjà-vu. Der Spitzenkandidat der AfD Gauland sass, wie 2013 der ehemalige Vorsitzende Bernd Lucke, zusammen mit Norbert Röttgen in einer Sendung. Alexander Gauland wie damals Bernd Lucke musste sich für den Gebrauch gewisser deutscher Wörter rechtfertigen.
Vor der Sendung 2013 hatte Bernd Lucke, der als Volkswirtschaftler die vertragswidrige Eurorettung kritisierte, mehrmals die deutsche Demokratie als entartet bezeichnet. Herr Lucke hätte gerne über die fragwürdige Aushöhlung der demokratischen Funktion des Bundestages gesprochen, wie sie sich am Beispiel der Abstimmungen um die sogenannte Eurorettung zeigte. Herrn Plasberg ging es aber um den Gebrauch eines Wortes. Der Universitätsprofessor benutzte ein Wort, das bis heute in der Physik ein ganz normal benutzter Terminus-Technicus ist und keineswegs, wie etwa in der Medizin nur negativ belegt ist. Lucke verteidigte sich, dass auch Helmut Schmid und Wolfgang Schäuble den Begriff der Entartung benutzt hätten.
Helmut Schmidt äusserte 1992:
„Man kann aus Deutschland mit immerhin einer tausendjährigen Geschichte seit Otto I. nicht nachträglich einen Schmelztiegel machen Weder aus Frankreich noch aus England, noch aus Deutschland dürfen Sie Einwanderungsländer machen. Das ertragen die Gesellschaften nicht. Dann entartet die Gesellschaft! … Es kann dazu kommen, dass wir überschwemmt werden.“
Man mag sich nicht vorstellen, welchen Aufschrei die Sprachpolizei bei den öffentlich rechtlichen Medien diese Aussage von Helmut Schmidt hervorgerrufen hätte, hätte ein Politiker der AfD eine entsprechende Äusserung getätigt. Für einen tagelangen medialen Aufschrei reichte schon aus, dass Bernd Lucke den Begriff Entartung verwendete und Björn Höcke die historische Tatsache einer tausendjährigen deutschen Geschichte erwähnte.
Wie Recht Lucke übrigens mit seiner Kritik am deutschen Parlamentarismus hatte, sollte sich noch am selben Abend bewahrheiten als der damalige Kanzleramtsminister Pofalla in der Diskussion mit Abweichler Bosbach das Grundgesetz in den Zusammenhang mit dem Wort Scheisse brachte.
Es ist nicht bekannt, dass sich Regierungspolitiker Pofalla in einer öffentliche rechtlichen Sendung in ähnlicher Weise für seine Äusserungen rechtfertigen musste.
Am gestrigen Montag den 28 August war wiederum ein Spitzenpolitiker der AfD zu Gast und musste sich wiederum für den Gebrauch eines Wortes rechtfertigen. Alexander Gauland hatte gesagt, man solle die SPD Politikerin Özogus in Anatolien entsorgen. Während diese zugegebenermassen echte sprachliche Entgleisung bei Johannes Kars, der Merkel entsorgen wollte, keinerlei Reaktion weder von HartaberFair noch von bei irgenndeinem anderen Medium hervorrief wurde über die Äusserung Gaulands in jedem wichtigen Medium in Deutschland berrichtet.
Offenbar gilt bei öffentlich rechtlichen Medien: Quod licet Iovi, non licet bovi. Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt“. Erstaunlich, dass man sich dann noch darüber aufregt als Staatsfernsehen bezeichnet zu werden. Herr Plasberg muss sich mehr denn je fragen lassen, ob er sich als Sprachpolizei im Sinne der Regierung oder als neutraler Moderator gebärden will.