Lud man anfangs die AfD in Talkshows ein, um mit vorbereiteten Einspielern zusammen mit den politischen Gegnern in fünffacher Überzahl orchestriert vom Moderator, den jeweiligen Politiker der AfD in die Enge zu treiben, trat nach der Bundestagswahl Ernüchterung ein.
Obwohl die Auftritte von AfD-Politikern in Talkshows häufig den Charakter einer Hinrichtung hatten, wurde nach der gewonnenen Bundestagswahl der Vorwurf in Richtung der öffentlich-rechtlichen Sender erhoben, die AfD groß gemacht zu haben.
Seit diesem Zeitpunkt werden auffällig wenig Politiker der AfD in Talkshows eingeladen.
Weil aber die BAMF-Krise schwer zu diskutieren ist, wenn keine Partei den Part der Opposition übernimmt, scheinen Journalisten nun den Part der Moderation zu verlassen und selbst Opposition spielen zu wollen.
Auffällig war dies am 4.6 bei Hart aber Fair, wo Plasberg die Rolle des kritischen Nachfragers übernahm. Am Tag später schlüpfte in der Phoenixrunde der Journalist Robin Alexander in die Rolle der fehlenden Opposition. Denn Kritik an der Kanzlerin konnte man weder von Konstantin von Notz (Grüne) noch von Philipp Amthor (CDU) erwarten.
Plasberg hatte 2018 überhaupt erst einmal einen Kandidaten der führenden Oppositionspartei eingeladen. Pikanterweise teilte Plasberg ohne Anlass nun plötzlich mit, Alexander Gauland überhaupt nicht mehr in seine Talkshow einladen zu wollen. Erstaunlich ist daran, dass sich nun ein öffentlich-rechtlicher Sender dazu aufschwingt, den Korridor politisch erlaubter Meinungen festzulegen, was mit seinem Neutralitätsanspruch schon formal nicht in Einklang zu bringen ist.
Maibritt Illner, Maischberg und Anne Will distanzierten sich scheinbar von dieser Festlegung. Dabei scheint weniger der Plasbergsche Boykott an sich, sondern dessen offene Aussprache auf Widerspruch zu stossen. Wie anders ist sonst die Äusserung von Anne Will zu interpretieren, sie habe derzeit keine Fragen an Alexander Gauland. Er kam ja schon bei der einzigen Einladung 2018 kaum zu Wort.
Man muss den Eindruck haben, dass es sich in Bezug auf die AfD um eine orchestrierte Reaktion der öffentlich-rechtlichen Sender handelt. Die schon extrem zugunsten der Grünen verschobene Statistik der Talkshoweinladungen und die Art des Umgangs mit AfD-Politikern zeigte allein schon die fehlende Überparteilichkeit an.
Es bleibt spannend zu beobachten, ob es in Zukunft zu einem noch offeneren Boykott der AfD kommt. Sollte dies so kommen, könnte man dies als Eingeständnis des fehlenden Vertrauens der ÖR-Journalisten in die eigene Kraft der Argumente ansehen.